Vollstreckung ausländischer Titel in Dänemark
Durch die EU-Verordnung 1215/2021 ist die Vollstreckung deutscher und österreichischer Titel in Dänemark erheblich vereinfacht worden. Hier erhalten Sie einen Überblick über das Vollstreckungsverfahren, die durchschnittliche Dauer und die voraussichtlichen Kosten in Dänemark.
Bei ADVORA arbeiten dänische Rechtsanwälte, die sich mit dem dänischen Vollstreckungsrecht auskennen.
Das entscheidende Kriterium bei der Frage, welche der beiden EU-Verordnungen zur Anwendung kommt, ist der Zeitpunkt für die Einleitung des Verfahrens in Deutschland bzw. Österreich. Bei Verfahren, die vor dem 10. Januar 2015 eingeleitet wurden, gilt Punkt A. Wurde das Verfahren nach dem 10. Januar 2015 eingeleitet, lesen Sie weiter unter Punkt B. Zu beachten ist, dass nicht Dänemark nicht allen EU-Verordnungen beigetreten ist. So ist z.B. ein Europäischer Zahlungsbefehl in Dänemark nicht ohne weiteres vollstreckbar, da Dänemark der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens nicht beigetreten ist.
A. Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Gerichtsverfahren, die vor dem 10. Januar 2015 eingeleitet wurden
Um einen in Deutschland order Österreich erwirkten Titel in Dänemark vollstrecken zu können, muss dieser in Dänemark zunächst anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden. Dies gilt nicht nur für Urteile, sondern auch für Beschlüsse, Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Vollstreckungsbescheide, Prozessvergleiche oder andere öffentliche Urkunden. Zuständig hierfür ist das Amtsgericht („byret“) am Wohnsitz des Schuldners bzw. an dem Ort, wo die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Welche Unterlagen zur Anerkennung benötigt werden, hängt von der Art des Titels ab:
Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl, Vollstreckungsbescheid oder Kostenfestsetzungsbeschluss
Ausfertigung des deutschen Titels (bei Versäumnisurteilen oder Vollstreckungsbescheiden zusätzlich: Nachweis der Zustellung der. Klageschrift bzw. Mahnbescheid)
Bescheinigung der Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat durch das titelausstellende Gericht (Formblatt “Anhang V”)
Ggf. Nachweis, aus dem sich ergibt, dass dem Antragsteller für das Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist
Öffentliche Urkunden
Ausfertigung der Urkunde (hierzu gehören auch vor Verwaltungsbehörden geschlossene oder von solchen Behörden beurkundete Unterhaltsvereinbarungen oder Unterhaltsverpflichtungen)
Bescheinigung der Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat durch die urkundenausstellende Behörde (Formblatt “Anhang VI”)
Prozessvergleich
Ausfertigung des Vergleichs
Bescheinigung der Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat durch das Gericht oder die Stelle, wo der Prozessvergleich geschlossen wurde (Formblatt “Anhang V”)
Auf Verlangen des dänischen Gerichts ist eine beglaubigte Übersetzung dieser Urkunden ins Dänische einzureichen. Sollte dies notwendig sein, können wir diese in unserem Hause vornehmen.
Das dänische Vollstreckungsverfahren
Sobald die Anerkennung und die Vollstreckbarkeitserklärung vorliegen, wird dem Schuldner die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens durch das Vollstreckungsgericht („fogedret“) mitgeteilt. Hiergegen kann der Schuldner innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Landgericht („landsret“) einen Rechtsbehelf einlegen.
Ist dieser Rechtsbehelf erfolgreich, wird die Zwangsvollstreckung eingestellt, und der Vollstreckungsgläubiger hat die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Landgerichts beim Obersten Gerichtshof (“Højesteret”) einen Rechtsbehelf einzulegen. Ist der Rechtsbehelf des Schuldners beim Landgericht nicht erfolgreich, wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.
Sollte die Gefahr bestehen, dass der Schuldner sein Vermögen der Vollstreckung entzieht, können einstweilige Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, ohne dass die Vollstreckungsanordnung dem Schuldner zuvor bekannt gegeben wird.
Verfahrensdauer
Das Zwangsvollstreckungsverfahren dauert 4-8 Monate. Die Kosten des Verfahrens hat in erster Linie der Schuldner zu tragen, jedoch ist der Gläubiger zunächst vorschusspflichtig.
Anwaltskosten
Die Anwaltskosten werden in Dänemark regelmäßig nach dem Zeitaufwand berechnet, der dafür benötigt wurde. Üblich ist ein Stundensatz in Höhe von 200-300 €. Auch der Streitwert und der Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit können berücksichtigt werden.
Übersetzungskosten
Übersetzungen müssen von einem vereidigten Übersetzer vorgenommen werden. Die Kosten hierfür werden üblicherweise ebenfalls stundenweise abgerechnet und liegen bei einem Stundensatz von 800 DKK (ca. 110 €).
Kostentragung bei erfolgreicher Beitreibung
Bei erfolgreicher Beitreibung hat der Schuldner die Gerichtsgebühren sowie einen vom Gericht festgesetzten Kostenbeitrag für die Anwaltskosten zu tragen. Der Kostenbeitrag deckt jedoch nur selten die tatsächlichen Anwaltkosten, weshalb Gläubiger damit rechnen müssen, die Anwaltskosten teilweise selbst begleichen zu müssen.
Kostentragung bei erfolgloser Beitreibung
Bei nicht erfolgreicher Beitreibung sind die Gerichtsgebühren und eventuelle Übersetzungskosten sowie das Anwaltshonorar vom Gläubiger zu tragen.
B. Vollstreckung von Entscheidungen in Gerichtsverfahren, die nach dem 10. Januar 2015 eingeleitet wurden
Für diese Entscheidungen gilt die Neufassung der Brüssel I-Verordnung, EU-Verordnung 1215/2012. Dänemark ist dieser Verordnung beigetreten, so dass die Vollstreckung in diesen Fällen nach den vereinfachten Regeln der Neufassung erfolgen kann.
Dies bedeutet, dass eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat ergangene und in diesem Mitgliedstaat vollstreckbare Entscheidung in Dänemark vollstreckt werden kann, ohne dass es eines besonderen Verfahrens oder einer Vollstreckbarerklärung bedarf.
Für die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens in Dänemark sind in diesem Fall folgende Unterlagen erforderlich:
Ausfertigung des deutschen Titels (bei Versäumnisurteil oder Vollstreckungsbescheid zusätzlich: Nachweis über die Zustellung der Klageschrift bzw. des Mahnbescheides)
Bescheinigung des titelausstellenden Gerichts über die Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat (Formblatt Anhang I gemäß Artikel 53)
Nachweis, aus dem sich ergibt, dass dem Antragsteller für das Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist
Für öffentliche Urkunden, die nach dem 10.1.2015 errichtet, und gerichtliche Vergleiche, die nach dem 10.1.2015 geschlossen worden sind, gilt entsprechendes. Hier ist die Bescheinigung gemäß Artikel 60 (Formblatt Anhang II) vorzulegen.
Eine dänische Übersetzung der Bescheinigung und/oder des Titels ist auf Verlangen des Gerichts anzufertigen und ebenfalls vorzulegen.
Die oben unter „Kosten im Überblick“, „Anwaltskosten“, „Übersetzungskosten“, „Kostentragung bei erfolgreicher Beitreibung“ und „Kostentragung bei erfolgloser Beitreibung“ gemachten Angaben gelten in gleicher Weise bei Entscheidungen, die in den Geltungsbereich der neuen Verordnung fallen.
Lohnt es sich?
Ob sich eine Vollstreckung in Dänemark lohnt, hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Höhe des Streitwertes, der wirtschaftlichen Lage des Schuldners und schließlich davon, ob dieser überhaupt auffindbar ist.
